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10 | Kontinent der Gesundheit

10.1 Bewegung und körperliche Gesundheit

Lesezeit: ca. 10 Minuten
Überblick
Bewegung als Ausdrucksform des Lebens

Den natürlichen Bewegungsdrang bekommt Mama bereits im Mutterleib zu spüren. Durch Bewegungen macht das Baby auf sich aufmerksam, lange bevor es auf die Welt kommt. Der sich bewegende Mensch ist das Natürlichste der Welt, bereits vor der Geburt. Dennoch kennen wir heute aufgrund von Bewegungsmangel eine Vielzahl gesundheitlicher Beschwerden, die bereits im Kindesalter einsetzen. Denn sich zu bewegen soll nicht nur als Aufrechterhaltung der Gesundheit dienen – sie ist Voraussetzung für die Funktion des Körpers. Ob beim Balancieren, Herumhüpfen oder von Stein zu Stein Springen, durch Bewegung drücken Kinder viele ihrer Gefühle aus. Sie stellen ihre Geschicklichkeit zur Schau und nehmen ihre Lebensräume zunehmend mit Bewegung ein. Diese ist auch für die Organentwicklung zentral, stärkt Herz und Lunge, fördert den Stoffwechsel, das kindliche Wachstum und begleitet die geistige Entwicklung.

Bewegung neu entdecken

Bewegung und körperliche Aktivität haben im Allgemeinen einen großen Einfluss auf das psychische Wohlbefinden. Für eine gesunde Entwicklung brauchen Kinder einen Raum zum Spielen, Lernen und Gestalten, der sie in ihrer Agilität und Vitalität antreibt und sie zur Entdeckung von Neuem animiert. Wer sich bewegt, bewegt nicht nur Körper, sondern auch Geist. Kognitive Prozesse sind eng mit körperlicher Aktivität verwoben und unterstützen Lernprozesse. Obwohl der Mensch seinen Platz in der Natur sicherlich nicht im Sitzen fand, müssen wir heute die Bewegungsfreude als vorzugsweise sitzende Gesellschaft neu entdecken. Eine Schlüsselrolle nehmen hierbei Kinder ein, die mit der Bewegung nicht nur ihre Umwelt entdecken, sondern als größeres Ziel krabbelnd und später auf zwei Beinchen rennend die Wohnung erkunden. Heute wissen wir, dass auch Sinneserfahrungen in der Bewegung die Vernetzungen von Nervenzellen im Gehirn begünstigen. Die Bedeutung von Bewegungserfahrungen ist immens. In diesem Land wollen wir nicht nur erfahren, wie Sie sich gemeinsam mit Ihrem Kind lustvoll bewegen, und sprechen zeitliche Bewegungsempfehlungen aus, sondern erklären auch, weshalb Bewegung für Eltern und Kind unerlässliche Aspekte des Lebens sind.

Kinder brauchen vielfältige Bewegungserfahrungen

Wie wichtig das Herumspringen, -albern und -toben ist, konnten viele Studien bereits nachweisen. Kinder trainieren nicht nur ihren Bewegungsapparat, sondern koordinieren diverse Bewegungsabläufe. Denn in der Bewegung wird auf spielerische Weise all das trainiert, was Kinder für ihr Leben benötigen. Wird dieses Grundbedürfnis unterdrückt, zeigt sich dies in aller Regel durch körperliche und seelische Beeinträchtigungen. Nicht zu vernachlässigen sind die Erfolgserlebnisse, die Kinder mit der Bewegung erleben. Denn mit jedem gelungenen Versuch, ob beim Hüpfen oder Rennen, werden Glückshormone im Belohnungszentrum (limbisches System) ausgeschüttet, welche Lern- und Verstehensprozesse begleiten und auch das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten fördern.

In der Bewegung werden Kraft und Ausdauer sowie Koordination trainiert. Körperliche Bewegung reduziert Stress.

Sonnleitner
Expertentipp
Susanne Sonnleitner

FamilyLab-Seminarleiterin, Familienpflegerin, Naturpädagogin, Elternseminare, Lebensbegleitung, Krisenmanagement

Bewegung im physischen Sinn ist zweifellos gesund; tut Körper, Seele und Geist gut.

Leider bewegen wir uns immer weniger, was besonders für die Entwicklung unserer Kinder nachteilig ist. Neben sportlicher Aktivität ist Bewegung von Natur aus ein Regulator für Stress. So regulieren Tiere ihr Nervensystem bei hohem Stresslevel durch Zittern und Schütteln. Das ist eine sehr natürliche und ursprüngliche Reaktion auf Anspannung. Wenn wir uns nun anschauen, wie Kinder mit Stress umgehen, können wir dort, wo es erlaubt ist, ein sehr ähnliches Verhalten beobachten. Babys strampeln und schütteln den Kopf, wenn alles zu viel wird, vom Schreien mal abgesehen. Kleinkinder setzen sich über Bewegung mit der Umwelt auseinander und dadurch wird Entwicklung erst möglich. Reize zu verarbeiten, geht demnach mit Bewegung einher. Beim kleinen Kind ist die Menge an Bewegung am größten und nimmt mit zunehmendem Alter ab. Das heißt, Bewegung ist die natürliche Reaktion auf Spannung. Der meist eng getaktete Schulalltag, Frontalunterricht, viel Druck und Anspruch bezüglich der Leistung, ständiger Vergleich und Konkurrenz unter Gleichaltrigen bis hin zum Schulabschluss-Wahn, der ja schon in der Grundschule beginnt, erlauben selten wirklich Entspannung.

Die Angst vor Gefahren

Viele Eltern fürchten, dass sich ihr Kind verletzt, während es seiner Bewegungsfreude und Neugier folgt. Der Beschützerinstinkt der Eltern steht dem kindlichen Bewegungsdrang häufig entgegen und schränkt diesen ein. Die beim Klettern und Balancieren entstehenden Gefahren sind nicht von der Hand zu weisen. Jedoch hat ein übertriebener Beschützerinstinkt weitreichende Folgen. Durch elterliche Warnungen und Verbote schränken diese nicht nur den Instinkt ihres Kindes ein, sie verhindern gleichzeitig, dass das Kind lernt, seine eigenen Fähigkeiten gezielt einzuschätzen und unterschiedliche Gefahrensituationen selbständig einzuschätzen. Aus der Bewegungseinschränkung entsteht ein Gefühl des Frusts, das schließlich häufig in Bewegungsmangel resultiert. Die altersgerechte Einordnung von Gefahren obliegt der elterlichen Verantwortung, doch auch die Aufgabe, dem Kind vielfältige Erfahrungen zu ermöglichen. Ob dies gemeinsam Hand in Hand getan wird, während die Kinder über einen Baumstamm balancieren oder Sie Ihr Kind auf Gefahren aufmerksam machen und dieses begleiten, liegt in Ihren Händen. Doch sollten stets mit Feingefühl die Einschränkungen in der Bewegung und die Freude der Kinder, ihre Umgebung zu erkunden, überdacht werden.

Bewegungsmangel als Risikofaktor für die Gesundheit

Fällt der Bewegungsdrang unter ein Minimum an körperlicher Aktivität, hat dies Folgen mit meist ernstzunehmenden gesundheitlichen Problemen. Viele Kinder leiden an Übergewicht und dessen Folgeerkrankungen. Stoffwechselstörungen, Bluthochdruck und Diabetes stehen in engem Zusammenhang mit körperlicher Inaktivität. Zudem zeigen Kleinkinder aufgrund mangelnder Bewegung häufig Konzentrationsstörungen und große Probleme durchzuschlafen. Mit zunehmendem Alter zeigt sich dies überwiegend im Freizeitverhalten. Computer und Handyzeiten nehmen bei über 10-Jährigen bereits mehr als 5 Stunden des Tages ein.

Die körperliche Unfitness, gefolgt von Haltungsschäden, sind Spätfolgen, die nur selten in den ersten Lebensjahren als mögliche Schwierigkeiten des späteren Lebens in Betracht gezogen werden – genauso wie Rückenleiden und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Vom Gehen zum Laufen, vom Springen zum Hüpfen, Kinder brauchen Übung und Trainingseffekte in ihrer Bewegung. Die Fürsorge und Bereitschaft der Eltern an der Teilnahme an der körperlichen Inaktivität des Kindes ist auch Teil der elterlichen Verantwortung. Zunehmend haben wir uns als Gesellschaft an die Medienzeiten am Abend gewöhnt, an die Arbeitsplätze im Sitzen und die zum Teil bewegungsarme Umwelt. Wir selbst müssen aufstehen. Denn ein erheblicher Teil unserer späteren Beschwerden beruhen auf unserer Ernährung und unserem Bewegungsmangel.

schema

Bewegung und Aktivität nach Alter

Kinder und Jugendliche, die täglich mindestens 60 Minuten körperlich aktiv werden (nach Geschlecht)

Quelle: Robert Koch-Institut 2015 Studie KiGGS Weele 1, Erhebung 2009-2012

Die ersten selbständigen Bewegungsversuche

Wie groß ist die Freude der Eltern, wenn das eigene Kind endlich auf zwei Beinen stehen kann. Lange Zeit haben Sie einander beobachtet, von den ersten Krabbel-Versuchen, bin hin zu gemeinsamen Geh-Übungen und dem ersten Griff an Tische und Möbel, um sich daran selbständig entlangzuhangeln. Anfänglich noch durch die Unterstützung der Eltern, die dem kleinen Wesen liebevoll die Hände halten, während dieses vorbildlich einen Fuß vor den anderen wirft, bis die Kontrolle der motorischen Bewegungen endlich verinnerlicht ist und selbständig gelaufen wird.

Zwischen dem 8. und 11. Monat krabbeln die meisten Babys, einige laufen dann bereits ihre ersten Schritte, andere wiederum tun dies erst mit 14 Monaten. Kinder befinden sich in ihrem eigenen Entwicklungstempo, weshalb ein Vergleich mit anderen Kindern in ihrer Entwicklung kaum Sinn macht.

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auf den punkt gebracht

Die Entwicklung und weiter zunehmende Neugier, Wahrnehmungsbereitschaft und Aufmerksamkeitsteuerung, die Grundlagen der menschlichen Lernfähigkeit darstellen, werden durch die neu gewonnene Selbständigkeit herausgefordert. Denn ab nun können sich Kinder eigenständig mit ihrer Umgebung auseinandersetzen. In der Bewegung stellen Kinder Fragen an ihre Umwelt, womit die Bewegung auch zur Voraussetzung wird, um die Lebensumwelt bessern kennenzulernen.

Was ist das? Da muss ich hinlaufen! Nur in Bewegung lernen Kinder ihren Körper vollumfänglich kennen. Bewegungsabläufe müssen trainiert werden. Wie einmal erlerntes Fahrradfahren oder Schwimmen abrufbereit bleibt, führen angeeignete Bewegungsmuster zu automatisierten Bewegungsabläufen.

Sonnleitner
Expertentipp
Susanne Sonnleitner

FamilyLab-Seminarleiterin, Familienpflegerin, Naturpädagogin, Elternseminare, Lebensbegleitung, Krisenmanagement

Heute fallen etwa 35 % aller Kinder durch Unruhe auf. Besonders Jungs scheinen es hier schwer zu haben. Dabei gibt es nur bei etwa 5 % tatsächlich einen pathologischen Befund.

Ziemlich schnell folgt eine Diagnose und in der Folge folgen Medikamente.

Diese Zahl und vor allem der massive Anstieg dieses Unruhe-Phänomens der heutigen Zeit (in den letzten 5 Jahren) sind alarmierend. Ganz sicher wäre es für eine Vielzahl der Kinder, besonders der Jungs, sinnvoller, auf mehr Stressregulation in Form von ungezügelter Bewegung zu setzen, statt zu unterdrücken oder diagnostizieren.

Mit Papa abends zweimal um den Block rennen oder wenigstens eine halbe Stunde toben? Mit Opa den Garten umgraben oder mit dem Patenonkel Fahrrad fahren.

Bewegung fördert Gehirnprozesse

Bewegung wirkt auf Struktur und Funktionsweise des Gehirns. Durch Sport trainieren wir nicht nur den Körper, sondern auch die Anpassungsfähigkeit unseres Hirns. Was hat Bewegung mit Lernen zu tun? Fördert körperliche Betätigung Gedächtnisprozesse?

Die Vorteile und Zusammenhänge zwischen körperlicher Bewegung und kognitiven Fähigkeiten sind bereits eingehend erforscht. So weiß man heute, dass z.B. Ausdauertraining die Anzahl an neu gebildeten Neuronen im Hippocampus (dessen Teilaufgabe ist das Speichern von Erinnerungen) verdoppeln können. Sport und Bewegung kommen somit eine doppelte Bedeutung bei, da diese ebenfalls die Lern- und Gedächtnisleistung fördern. Die Steigerung der Lernfähigkeit wird mitunter dadurch erklärt, dass Bewegung die Hirndurchblutung steigert und den Stoffwechsel anregt. Durch die damit einhergehende verbesserte Sauerstoffversorgung des Körpers wird wiederum die Lernfähigkeit gesteigert.

fakt aus der forschung

Körperliche Aktivität führt zu einem Anstieg von Neurotrophinen im Gehirn, Proteine, die dort für den Bau und die Aufrechterhaltung neuronaler Schaltkreise verantwortlich sind. Ebenfalls werden mit Bewegung Neurotransmitter freigesetzt, Botenstoffe, die zwischen den einzelnen Neuronen zur Stimulation führen. Die produzierten Hormone Dopamin, Serotonin und Noradrenalin halten das Gehirn in einem Gleichgewicht.

praxisbeispiel

Bewegungsmangel zeigt sich in unterschiedlichsten Bereichen. Stellen wir uns folgendes Beispiel vor: Claudio wirft einen Ball zu seinem Freund Luca. Luca spielt jedoch selten im Freien und daher fällt ihm schwer abzuschätzen, wann der Ball wo landet und wie er ihn fangen soll. Das alles hat nichts mit Lucas Intelligenz zu tun, sondern einzig und allein mit dem Fehlen jeglicher Körpererfahrungen, die ihn in Richtung Ball steuern. Für ihn ist die Situation unbekannt, sein Körper und sein Geist arbeiten nicht zusammen und der Ball landet schlimmstenfalls direkt in seinem Gesicht. Luca zeigt einen Mangel oder eine sichtbare funktionelle Beeinträchtigung, wenn er (wie in diesem Beispiel)

Ein Mangel an Bewegung ist stets förderbar bzw. ausgleichbar. So kann eine Schwäche verhindert werden, indem Luca Bewegungserfahrungen ermöglicht werden. Eine Schwäche entsteht aus einem Mangel heraus. Wenn Luca nie zu Bewegungserfahrungen finden kann, wird sich mit zunehmendem Alter eine Schwäche abbilden:

Viele Kinder fühlen sich heute wie Luca. Sind sie in der Schule angekommen, bringen sie fehlende Bewegungserfahrungen mit, was erstmals kein Problem wäre. Die Schwierigkeit liegt jedoch in der fehlenden Selbstwirksamkeitserwartung von Luca. Sein motorisches Ungeschick hemmt ihn (psychische Hemmung).

Dadurch wird Luca in vielen Fällen weitere Anstrengungen verhindern und sich erst recht nicht mit seiner Bewegung auseinandersetzen, im Gegenteil. Für ihn würde der Sportunterricht zur Qual.

Die Bewegungspyramide

Die Bewegungspyramide dient uns als Leitplan und Orientierungshilfe. Bewegung mit Kindern sollte nicht erzwungen werden, sondern in alltägliche Handlungen und spielerischen Tagesgestaltungen eingebettet werden.

Jede Bewegung ist besser als keine Bewegung

Säuglinge und Kleinkinder (0 bis 3 Jahre)
So viel Bewegung wie möglich ist die Devise in den ersten Lebensjahren. Während der Säugling auf einer Krabbeldecke oder ähnlichem Bewegungsfreiheit hat, ist mit dessen zunehmendem Alter wichtig, dem Bewegungsdrang des Kindes seinen natürlichen Lauf zu lassen. Notwendig ist das Beachten sicherer Umgebungsbedingungen und das Kind nicht in seinem natürlichen Bewegungsdrang zu hindern.

Kindergartenkinder (4 bis 6 Jahre)
Die Empfehlung für Kindergartenkinder liegt in einer Bewegungszeit von mind. 180 Minuten/Tag. Die Intensität sollte nur dann zunehmen, wenn Kinder dies aus freien Stücken tun. Die maximale Intensität ist z.B. erreicht, wenn Körper und Geist zu konzentriert sind, um sich noch zu unterhalten während einer Übung. Zwar bewegen sich Kinder im Kindergartenalter durchaus mit intensiven Kraftanstrengungen (Fangen, Klettern, Ballspielen), jedoch geschieht dies aus eigenem Interesse oder Animation im Spiel.

Grundschulkinder (6 bis 11 Jahre)
Im Grundschulalter findet sich meist der Einstieg in den Sportunterricht. Die tägliche Bewegungszeit sollte nicht weniger als 90 Minuten betragen und sich bei gemäßigter bis hoher Intensität (Sportunterricht, Sportverein, Spaziergänge und Wanderungen) einpendeln. Dabei können 60 Minuten Bewegung pro Tag in Alltagsaktivitäten eingebettet sein.

Erwachsene
Erwachsene sollen möglichst 150 Minuten/Woche den Körper in Form halten. Ausdauerorientiertheit mit leichter bis mittlerer Intensität sollten dabei vorherrschen (bei leichter bis mittlerer Intensität kann noch geredet, aber nicht mehr gesungen werden).

Junge Kinder werden ihren Bewegungsdrang zum Großteil in ihrer täglichen Bewegung und im Spiel einbauen. Auch gemeinsame Spaziergänge fördern nicht nur die Gesundheit, sondern können auch Stress abbauen. Wenn Kinder häufig nicht ins Bett wollen, sollte stets bedacht werden, dass Kinder kaum die Möglichkeit haben, ihrer täglichen Bewegungsfreude nachzukommen und dementsprechend auch am Abend noch voller Tatendrang strotzen. Aktivitäten sind natürliche Schlafbegleiter, daran müssen wir uns heute wieder erinnern, wenn wir unruhige Kinder betrachten. In den meisten Fällen haben wir sie zum Sitzen gezwungen. Hat die Schule begonnen, dürfen sie den halben Tag im Sitzen verbringen, woran einige Kinder leiden.

Im Alter von 5 – 10 Jahren erleben Kinder ihre Bewegung im Schwimmen, Fahrradfahren, Klettern, Balancieren, Rennen, Ballspielen oder Fangen sowie Versteckspielen. Ab einem Alter von 10 Jahren interessieren sich immer mehr Kinder für Sportarten: Fußball, Handball, Volleyball etc. Einem Sportverein beizutreten, ist ein Grundbaustein wiederkehrender Bewegungsmöglichkeiten, aber kein Muss für Kinder. Denn in der Bewegung steht der Spaß im Vordergrund.

Johanna-Meckl
Expertentipp
Johanna Meckl

Physiotherapeutin B. Sc. , Pilates-Trainerin, Yogalehrerin und Gesundheitsberaterin

Pilates mit Kind
Nach einer guten Rückbildungszeit, in dem der Körper wieder liebevoll umsorgt wurde, der Beckenboden neu kennengelernt und erste Körperübungen ihre Wirkung erreichten, kann die Intensität von Training und Sport allmählich gesteigert werden. Dafür eignet sich das Pilates Training hervorragend; es ist eine sehr sichere und gesunde Trainingsmethode.

Die Übungen sprechen vor allem die tief liegenden, kleinen Muskelgruppen an, die für eine korrekte und gesunde Körperhaltung sorgen. Diese tiefliegende Kernmuskulatur des Rumpfes wird im Pilates „core“ oder „powerhouse“ genannt. Pilates unterstützt besonders die Beckenbodenmuskulatur und erzielt durch Training einen deutlich flacheren und strafferen Bauch. Alle Bewegungen werden langsam und kontrolliert ausgeführt, wodurch die Muskeln und die Gelenke geschont werden. Die Übungen trainieren auf faszinierende Weise das Zusammenspiel von Kraft, Stabilität und Beweglichkeit.
Das Besondere des Pilates Trainings ist die systematische Basis der Prinzipien wie Konzentration, Kontrolle, Zentrierung, Präzision, Bewegungsfluss und Atmung. Nur wenn alle Prinzipien in einer Übung fokussiert werden und die Bewegung von einem stabilen Körperzentrum ausgeht, wird eine unscheinbar wirkende Übung auch wirklich Pilates. Deshalb verändert das Körpergefühl, die Körperhaltung und die Beweglichkeit.

Das Kind ist hier jederzeit willkommen, wird in die Übungen integriert oder kann einfach in der Nähe seiner Mutter spielen. Das fühlt sich für beide gut an und tut beiden gut.

Förderung und Entwicklung der Motorik in der Bewegung

Kinder sind nicht von Beginn an bewegliche Akrobaten, sie lernen von Jahr zu Jahr ihren Körper mit Bewegung näher kennen. Etwa zu Beginn der Kindergartenzeit (3 Jahre) erweitern sie ihr Wahrnehmungsvermögen mit dem Tast- und Bewegungssinn. Ball und Wurfspiele werden dann zunehmend interessanter. Ab dem 4. Lebensjahr trainieren sie zunehmend den Gleichgewichtssinn mit balancieren und klettern.

Wichtig: Motorische Entwicklung und die Entwicklung des Körperbewusstseins sind eng miteinander verknüpft. Das Beherrschen des eigenen Körpers und die Reaktion auf Außenreize (fliegender Ball) müssen entwickelt werden. Um eine sichere Orientierung zu bekommen, brauchen Kinder die Möglichkeit zur Bewegung. Je jünger Kinder sind (unter 3 Jahre), desto ungenauer sind ihre Bewegungen. Das Üben gezielter Bewegungen ist meist erst ab dem 4. Lebensjahr sinnvoll, da hierfür Konzentration und Behutsamkeit notwendig sind. Die nun folgenden Bewegungsspiele bieten jedoch spielerische Möglichkeiten, seinen Körper in Bewegung zu versetzen und erste koordinierte Bewegungen ins Bewusstsein zu bringen.

Tiere erraten
Sie und Ihr Kind spielen mit dem ganzen Körper alle Tiere nach, die Sie kennen. Dazu muss manchmal auf einem Bein gestanden (Gleichgewichtssinn) und manchmal auf dem Rücken gelegen werden.

„STOPP-Musik“
Sie und Ihr Kind lassen Musik laufen und bewegen sich durch den Raum. Wenn die Musik stoppt (mit dem Handy oder einer Fernbedienung pausieren), müssen sie sofort stehen bleiben. Verschiedene Muskelpartien werden dabei herausgefordert und das Bewusstsein fällt in den Körper: Wie bleibe ich am besten in dieser Position stehen? Wer länger stehen bleibt, gewinnt (auch auf einem Bein).

Quellen / Literatur

Rauner A, Jekauc D, Mess F et al. (2015) Tracking physical activity in different settings from late childhood to early adulthood in Germany: the MoMo longitudinal study. BMC Public Health 15:391 10.

 

World Health Organization (2017) Draft WHO Global Action Plan on Physical Activity 2018-2030.

 

WHO, Geneva 11. World Health Organization (2013) Global Action Plan for the Prevention and Control of Noncommunicable Diseases 2013-2020.

 

WHO, Geneva 12. World Health Organization (2010) Global Recommendations on Physical Activity for Health. WHO, Geneva

Sonnleitner
Susanne Sonnleitner
Familylab-Seminarleiterin,
Naturpädagogin,
Familienpflegerin