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3 | Kontinent der Bedürfnisse

3.3 Bindung und Feingefühl

Lesezeit: ca. 12 Minuten
Überblick
„In Wirklichkeit ist der andere Mensch dein empfindlichstes Selbst in einem anderen Körper.“
Khalil Gibran

Kinder sind vom ersten Tag nach ihrer Geburt mit besonderen Fähigkeiten ausgestattet, um ihr Interesse an der Umwelt zu zeigen. Diese Interessen richten sie an Eltern, Geschwister, aber auch andere nahe Bezugspersonen, wie Großeltern, die das Vertrauen eines Kindes gewinnen. Der Wunsch nach Nähe, Schutz, Sicherheit und Geborgenheit wird durch die Stimme der Eltern, die Nähe zum Körper, durch Gerüche sowie mimische Ausdrücke unterstützt.

Aus einer starken Bindung erwächst feinfühliges Handeln und Reagieren

Geprägt wurde das feinfühlige Handeln und Reagieren durch Mary Ainsworth, die damit die Qualität der Bindung zur Bezugsperson beschrieb. Auffallend hierbei, ist die Erkenntnis, dass unsere Sprösslinge mit denjenigen die stärksten Bindungen eingehen, die feinfühlig mit ihnen umgehen. Feinfühlig zu reagieren heißt nicht, dass man keine Fehler machen darf. Eine Bindung lebt von den Erfahrungen über einen gewissen Zeitraum. Dabei sind das Gesamtbild des emotionalen Miteinanders und die Bereitschaft, sich täglich besser aufeinander einzustimmen, von großer Bedeutung. Dass dabei streckenweise die eigenen Ressourcen dagegen wirken, man Tage erlebt, an welchen die eigene Wahrnehmung, durch Stress und überlastete Zeitpläne ins Schwanken gerät, ist dabei vollkommen normal. Zu erkennen, wann die eigene Stimmung schwankt, ist ein gutes Zeichen, auch dafür, da Kinder auch sensibel auf die Gefühlswelt ihrer Eltern reagieren.

In diesem Land dreht sich alles um die Deutung kindlicher Signale und der Reaktion auf diese. Da sich die Babyjahre als sensible Zeit zeigen und wir nur auf „Umwegen“ miteinander kommunizieren können, wollen wir uns die Feinzeichen anschauen, die erst einmal aus Sicht des Babys eine Nachricht für uns enthalten haben.

Kommentar

Das Land Bindung und Feingefühl baut auf den vorherigen Bindungsländern auf. Im ersten Lebensjahr bilden die Feinfühligen Reaktionen für das Kind erste positive Bindungserfahrungen ab, weshalb dieses Land den Weg einer sicheren Bindung, aus Sicht des Babys (0-12 Monate) beschreibt. Bereits im nächsten Land, Bindung und Neugierde, werden wir auf die Erfüllung des Bindungssystem eingehen, wenn Kinder älter werden und sich aus der ersten Phase der Abhängigkeit langsam herausbewegen. Alle Bindungsländer zusammen bilden die Bereitwilligkeit ab, die Signale und das Verhalten des Säuglings und Kleinkindes wahrzunehmen und richtig zu deuten sowie prompt und angemessen darauf zu reagieren – alles im Sinne einer starken Bindung.

Feinfühligkeit

Ausschlaggebend für eine feinfühlige Reaktion gegenüber dem Kind ist die Beruhigungsfähigkeit, die Eltern besitzen, um ihrem Kind in Stresssituationen zur Seite zu stehen. Die Feinfühligkeit, mit der Eltern auf ihr Kind reagieren, hat einen großen Einfluss auf die Selbstkontrolle, die ein Kind entwickelt. Die aufstrebenden negativen Gefühle werden mithilfe der Eltern besänftigt und jedes dieser Erlebnisse hilft dem Kind, sich selbst besser zu kontrollieren. Auch Kinder lernen durch die Lösung von Spannungszuständen, dass diese keine Dauerzustände sein müssen. Erfahren sie dabei, dass sie durch die Eltern zur Ruhe finden, heißt das nicht, dass sie dabei nicht auch lernen, alleine einen Unruhezustand zu verhindern. Man könnte es als Erfolgserlebnis beschreiben, wenn ein Kind bemerkt, dass die Suche nach Aufmerksamkeit und Fürsorge feinfühlig beantwortet wird. Dies führt Kinder bereits früh zu einem Gefühl der Selbstwirksamkeit:

Dabei ist es erst einmal irrelevant, in welchem Alter sich ihr Kind befindet. Wenn Kinder in ihren Handlungen und Bedürfnissen erhört, akzeptiert und respektiert werden, erleben sie sich als bedeutungsvoll und wirksam. Feinfühligkeit heißt also, sich auf die kindliche Welt einzulassen und sie als solche anzuerkennen. Das Modell der Feinfühligkeit gibt an, welche Interaktion zwischen Eltern und Kind vorhanden sein kann, um das psychische Wohlbefinden des Kindes aufrechtzuerhalten.

Bindungssystem und Fürsorgesystem

In den vorherigen Ländern haben wir uns vornehmlich mit dem kindlichen Bedürfnis nach Bindung sowie dem Zusammenspiel von Bindung und Neugierde beschäftigt. Nun gehen wir näher auf die Frage ein, wie dieses Bindungsbedürfnis eines Kindes unterstützt werden kann. Denn nicht nur Kinder sind mit einem Bindungssystem ausgestattet. Bei den Eltern ist das sogenannte Fürsorgesystem darauf ausgerichtet, die Befindlichkeiten des Kindes zu erkennen, und mit einer Art „Alarmbereitschaft“ ausgestattet. Viele Mütter und Väter kennen dieses Gefühl der ständigen Verbundenheit und fast übernatürlichen Wahrnehmungsbereitschaft gegenüber den „Rufen“ ihres Kindes. Dieses Fürsorgesystem hat zwar einen mechanischen Namen, doch hinter diesem Namen verbirgt sich die Zuneigung und Liebe, die Eltern ihrem Kind schenken. Durch Streicheln, Aufnehmen, Wiegen und Singen treten die Eltern mit ihrem Kind in Kontakt und zeigen so die ersten feinfühligen Antworten auf die kindlichen Rufe.

Natürlich bekommen Eltern in den ersten Lebensjahren ihres Kindes nicht immer eine klare Antwort auf diese Fragen. Es bedarf an gemeinsamer Zeit um sich intensiv kennen zulernen. Das Konzept der Feinfühligkeit, hilft uns hierbei.

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Expertentipp
Prof. Dr. Dr. Hartmut Kasten

Entwicklungspsychologe, Frühpädagoge und Familienforscher

Kinder kommen auf die Welt mit einer ganzen Reihe von Kompetenzen: Beispielsweise haben sie eine angeborene Bindungsbereitschaft. Diese Bereitschaft zeigt sich bereits in den ersten Lebensmonaten nach der Geburt.
Ein Gespräch mit Prof. Dr. Dr. Hartmut Kasten, Entwicklungspsychologe, Frühpädagoge und Familienforscher

Sind die ersten Lebensmonate entscheidend für die Bindungsqualität zwischen Eltern und Kind?
Man muss stets relativieren. In der Psychologie unterliegt nichts dem „Alles oder nichts“-Prinzip.
Wenn Kinder im ersten Lebenshalbjahr nicht die feinfühligen Antworten auf ihre angeborene Bindungsbereitschaft erhalten, wenn sie beispielsweise Hautkontakt wünschen, hungrig oder müde sind,  wirkt sich dies auf die Bindungsqualität aus.  Dies zeigt sich dann z. B. dadurch, dass Kinder sich ständig in einer Art Erregungszustand befinden. Werden sie dann nicht beruhigt, hingelegt oder gestillt, entsteht in häufiger Regelmäßigkeit eine sogenannte „unsichere Bindung“.

Welche Konsequenzen hat eine „unsichere Bindung“?
Hervorzuheben sind hier zwei Resultate. Zum einen sind unsicher gebundene Kinder schneller bereit in Stress zu geraten, der Cortisolspiegel steigt an und sie haben Schwierigkeiten sich von einem Stresszustand zu lösen. Diese Kinder befinden sich schneller und länger in Stressmomenten (overarousal). Während ein anderes Kind sozusagen kinderleicht aus einer solchen Stresssituation zur Beruhigung findet, fällt es dem unsicher gebundenen Kind weitaus schwerer seiner körperlichen Unruhe zu entfliehen. Der zweite Bereich findet sich in der Neugier wieder, der spontanen Bereitschaft sich Neuartigem oder überraschenden Ereignissen reflexartig zuzuwenden (Orientierungsreflex).

Die elterliche Sensitivität

Die Signale eines Kindes wahrzunehmen und auf diese angemessen und prompt zu reagieren, das ist die Grundlage feinfühliger Reaktionen.

Promptes Handeln, eine schnelle Reaktion mit einer angemessenen Antwort

Die Bedürfnisse, die ein Baby äußert, fühlen sich für das Kind lebensnotwendig an und deshalb ist eine prompte und schnelle Reaktion optimal, um den Stress zu reduzieren. Das Baby muss erst noch lernen, dass zwischen seinem Verhalten und der Antwort der Eltern ein Zusammenhang besteht. Nur durch schnelles Reagieren kann man dem Baby das Gefühl vermitteln, dass es durch sein Verhalten in der Umgebung etwas bewirken kann. – Selbstwirksamkeit.

Eine prompte Reaktion ist wichtig!

Beginnt ein Säugling nach seinen Eltern zu rufen, reagieren diese meist sehr schnell. Dies hat auch einen zentralen Stellenwert, denn nur so können sich Säuglinge auch als jemand erleben, der etwas bewirkt. So gelingt es den Kindern, die Konsequenzen ihres eigenen Handelns zu erkennen. Die Gedächtnisleistung eines Säuglings ist noch sehr schwach, deshalb ist eine prompte Reaktion angemessen und wichtig für junge Kinder. Dann lernen sie auch, dass es Zusammenhänge zwischen einer Ursache, beispielsweise Weinen, und einer Wirkung wie Trösten gibt –eine wichtige Schlüsselerfahrung.

Die richtige Interpretation der Signale

Eine Schlüsselfrage ist also nun: „Was fehlt meinem Baby?“ Erst mit der Zeit lernt man zu differenzieren, ob das Baby wegen Hunger, vor Schmerzen oder aus Langeweile weint. Dabei sind die Eltern zunächst in einer natürlichen Phase des Versuchens. Hilfreich ist, sich in die Situation des Kindes hineinzufühlen.

Überlegungen wie: „Jetzt habe ich mit dem Baby schon lange gespielt. Weint es, weil es nun Hunger hat, oder ist es jetzt müde?“ helfen dabei herauszufinden, welche Bedürfnisse das Kind äußert und welche Reaktion den Spannungszustand letztendlich gelöst hat – so sammeln die Eltern Erfahrung. Zwischen dem Weinen aufgrund von Verunsicherung und dem Schreien aufgrund von Schmerz und Hunger zu unterscheiden bedarf selbstredend einiger Zeit. Bei dem Versuch, das Kind von den Tränen zu befreien, braucht es Erfahrung und aufmerksames Beobachten, auch wenn scheinbar alles versucht wird, gibt es Tage, an denen Babys weinen, aber die Lösungen, so hilfreich wie sie auch sind, nicht so richtig Anklang finden wollen. Dabei gilt es stets zu berücksichtigen, dass Kinder noch kein Bewusstsein dafür haben, etwas mit böser Absicht oder mutwilliger Nörgelei zu tun. Junge Kinder sind die meiste Zeit selbst von ihren Gefühlen und Emotionen überrannt und lernen noch bis weit ins Erwachsenenleben hinein, mit ihnen umzugehen.

Die Erfahrung, die ein Kind mit den elterlichen Reaktionen auf seine Bedürfnisse macht, ist umso bereichernder, je mehr emotionale Bereitschaft das Kind erfährt. Dennoch gibt es natürlich auch Momente, in welchen das Kind seine Ruhe braucht, die Erlebnisse des Tages verarbeiten muss oder einfach müde ist, auch dann zeigt sich ein feinfühliges Verhalten darin, diese Zeichen deuten, erkennen und akzeptieren zu können.

Auf den Punkt gebracht
fakt aus der forschung

In unseren Gesellschaften haben die Väter einen besonders hohen Anteil an spielerischen Interaktionen mit dem Kind und einer Nähe zu Erkundungen und Entdeckungen gemeinsam mit ihren Kindern. Dabei kommt der Vaterrolle eine besondere Aufgabe zu. Sie sind mitunter diejenigen, die die Neugierde befriedigen, was bedeutet, dass sie durch feinfühlige Ermutigung helfen. Gemeinsam spielen, eine Entdeckungstour machen oder in anderen neuartigen Situationen begleitend weiterführen und somit die Fähigkeiten in diesem Bereich unterstützen.

(Kindler & Grossmann, 2002)

PraxisBeispiel

Amelie ist 7 Monate alt und gemeinsam mit Mama, die sie auf dem Arm trägt, dreht sie ein paar Runden durch den Garten. Es ist ein milder Tag und Amelie wendet sichvoller Freude, nachdem sie ihren Mittagsschlaf beendet hat, ihrer Mama zu. Voller Nachahmungsfreude imitiert sie Mamas Lächeln und versucht lautstark, sich in Lalllauten mit Mama zu unterhalten. Amelies Aufmerksamkeitsspanne ist noch sehr gering und langer, intensiver Austausch ist für sie ziemlich neu und stets überwältigend. Als Amelie erschöpft den Kopf mehrmals zur Seite zu drehen versucht und den Blick abwendet, möchte Amelie ihrer Mama etwas sagen. Ihre Mutter reagiert: „Wo schaust du denn hin? Schau mal da!“ und versucht damit, ihre Aufmerksamkeit zurückzugewinnen. Doch was Amelie womöglich ihrer Mama sagen möchte, ist Folgendes:

Wenn Babys sprechen könnten

Werden Babys müde, zeigen sie dies, beispielsweise dadurch, dass sie ihren Kopf wegdrehen. Oft sieht man dann den Blick ins Leere laufen oder auf die Seite blicken – Feingefühl heißt dann, die Anregung der Umwelt zu minimieren und Reize zu vermeiden. Reizüberflutung und Müdigkeit können Hauptursachen für Überstimulation sein. Doch es gibt auch gegenteilige Beispiele und zwar dann, wenn das Baby Zuneigung, Nähe und Geborgenheit sucht und auf den Arm genommen werden will. Jedes Kind ist in seiner Art einzigartig, und zwischen Ruhe und Entspannung, dem Wunsch nach Aufmerksamkeit und Fürsorge ist die feinfühlige Reaktion immer wieder ein Balanceakt. Denn das Temperament des Babys bestimmt das individuelle Verhalten, auf der anderen Seite sind Einflüsse wie die aktuelle Gefühlswelt, Müdigkeit oder Hungerbedürfnis je nach Situation unterschiedlich einzustufen.

Signale und Hinweise des Babys

Folgende Tabelle gibt uns nun Aufschluss über die Art der Signale, welche Babys aussenden, und die möglichen dahinterliegenden Aussagen. Jede Situation ist dennoch individuell zu bewerten, diese Signale gelten als die häufigsten Merkmale.

Signale und Hinweise, die darauf deuten, dass das Baby ansprechbar und offen für Austausch ist:

Signale und Hinweise, die darauf deuten, dass das Baby Ruhe braucht oder mit sich selbst beschäftigt ist:

Signale und Hinweise, die darauf deuten, dass das Baby belastet oder überfordert ist:

Hände und Beine zusammenlegen und das Kind aufnehmen.

schema

Quelle: Remo H., Largo: Babyjahre: Entwicklung und Erziehung in den ersten vier Jahren, überarbeitete Neuausgabe, Piper: München/Berlin 2017

Feinfühlige Regulationshilfen

Wenn Säuglinge also die Augen reiben, die Hände vor das Gesicht legen, Kopf und Körper überstrecken, zeigen sich die ersten Anzeichen von Anspannung. Säuglinge haben dann die Möglichkeit, sich selbst regulierend zu verhalten, sprich, sie können versuchen, ihre eigene Anspannung zu lösen, indem sie ihre Hände zusammenlegen, an der Hand nuckeln oder die Beine anziehen. Auch ihre Eltern können hier die Hände und Beine leicht zusammenlegen und das Kind hochnehmen. Wenn die Eltern bemerken, dass ihr Kind angespannt ist, ist es ihre Aufgabe, äußere Reize zu reduzieren. Dann zeigt sich die gemeinsame Ruhe darin, dass der Gefühlshaushalt wieder stabilisiert wird. Feinfühliges Verhalten zeigt sich dadurch, dass die Eltern auf die Befindlichkeiten ihres Kindes mit Offenheit und emotionaler Verfügbarkeit reagieren.

In folgendem Schema zeigt sich ein von Hebammen generelle Empfehlung:

  1. Blickkontakt (falls vom Kind gewünscht) halten – Abstand von 20 – 30 Zentimetern zum Gesicht des Babys (was der Entfernung entspricht, in der Neugeborene ihre Umwelt wahrnehmen können)
  2. Sanftes Miteinandersprechen – Der Klang der Stimme und Kommunikation mit angepasster Stimmlage wird vom Baby bereits erkannt
  3. Auf den Arm nehmen – Wärme und Zuneigung
  4. An sich drücken – Geborgenheit
  5. Körperkontakt zur Beruhigung einsetzen – mehrmals am Tag
  6. Das Geräusch des Herzschlages beruhigt
  7. Sanft wiegen oder schaukeln
  8. Brust oder Flasche anbieten (falls Hungrig)

Welche Regulationshilfe dabei am besten für das einzelne Kind ist, zeigt sich dann, wenn die Eltern beobachten, welche Hilfestellung das Baby beruhigt.

Kinder und ihr Bedürfnis nach Bindung zu befriedigen geschieht auf unterschiedliche Art und Weise

Durch Berührungen, im Säuglingsalter durch sanften Druck auf den Körper, feinfühlige Babymassagen, aber auch Körperkontakt beispielsweise beim Tragen. In vielerlei Hinsicht ist das Tragen des Kindes verteilt über den Tag eine bewährte Methode, um dem Kind durch Körperkontakt Sicherheit und Ruhe zu schenken. Falls Sie sich für ein Tragetuch interessieren, welches wunderbar einsetzbar ist, um Ihr Kind am eigenen Körper zu tragen, finden Sie im Kontinent der Babys Antworten. Das Tragetuch ermöglicht dem Kind, durch die Bewegungen sowie die körperliche Nähe in entspannter Haltung zur Ruhe zu finden. Dabei wurde mehrfach bestätigt, dass Babys, die länger getragen werden, weniger oft weinen.

Durch Körperkontakt zur sicheren Bindung

Bereits im Mutterleib wird die Haut des Babys stimuliert. Diese Stimulation wird auch nach der Geburt eine der ersten Möglichkeiten werden, intensiven Kontakt zu seinen Eltern aufzubauen. Berührungen wirken in vielerlei Hinsicht und helfen auch bei der Stressreduktion. Auch das sanfte Wiegen ist eine elterliche Hilfestellung für kindliche Stressreaktionen. Babys zu wiegen ist nicht erst seit heute eine bekannte und wohltuende Möglichkeit, sondern eine altbekannte Praxis. Untersuchungen haben bereits bestätigt, dass das sanfte Wiegen Kinder in ihrer Entwicklung fördert und ihre Atmung reguliert.

Sanfte Worte

Besonders wirksam ist die elterliche Stimme, die Babys sehr früh lernen, von anderen zu unterscheiden. Je jünger Kinder sind, desto häufiger sprechen die Eltern ganz intuitiv einfacher, verständlicher und mit angepasster Stimme. Auch werden Wörter öfter wiederholt, was sich wunderbar als Hilfestellung für den Sprachfortschritt auswirken kann. Die Stimme der Bezugspersonen ist dem Kind bekannt, bereits nach der Geburt, wie mehrere Studien bisher zeigen konnten.

Blickkontakt und Aufmerksamkeit

Auch das Lächeln dient als Austausch und erfüllt das kindliche Nähebedürfnis. Bereits im 1. Lebensmonat beobachten manche Eltern, dass ihr Kind lächelt. Doch erst ab der 6–10 Lebenswoche folgt das soziale Lächeln, das sich tatsächlich auf Personen und die Interaktion mit ihnen bezieht. Gemeinsames Lachen ist eine wunderbare Bindungsmöglichkeit und Dialogerfahrung für Kinder. Blickkontakt ist schon für Babys eine Form der Kommunikation, auch wenn sie noch ein wenig Zeit benötigen, um vollständig das Licht der Welt zu erblicken. Das Sehvermögen von Neugeborenen ist zunächst ziemlich unscharf. Sie können maximal bis 30 Zentimeter Abstand scharf sehen. Die Brust der Mutter sowie Gesichter empfinden Babys naturgemäß als besonders attraktiv. Der Blickkontakt und die dazugehörige Aufmerksamkeit, die man sich schenkt, sind die erste Form des Dialoges – noch ohne Worte. Man muss nicht viel sagen, um sich miteinander zu verständigen, so trägt der Blickkontakt schon in frühen Jahren dazu bei, dass sich Säuglinge beim Anblick ihrer Eltern beruhigen, sicher und geborgen fühlen. Ab dem 6. Monat richten Kinder ihren Blick nicht nur zu ihren Eltern, sondern beginnen nach und nach, ihre Umwelt stärker auszukundschaften. Auch dann ist feinfühliges Reagieren gefragt, denn man sollte Kinder in ihrem Wunsch, ihre Umgebung zu entdecken, unterstützen und ihnen dabei ein Gefühl der Sicherheit schenken.

Die eigenen Emotionen vom Verhalten des Babys abgrenzen

Das Verhalten eines Babys richtig einzuordnen ist nicht immer leicht. Versucht man, seinem Baby verschiedene Lösungen für seinen Spannungszustand zu bieten, und kommt damit nicht zum Erfolg, kann das durchaus als nervenaufreibend empfunden werden. Beispielsweise dann, wenn man seinen Kindern den Schnuller anbietet und dieser ständig wieder ausgespuckt wird. Oft hat man dann das Gefühl, dass die Hilfeversuche rigoros abgelehnt werden. Dann ist Folgendes zu beachten:

Babys wollen ihre Eltern nicht ärgern!

Man kann das Verhalten seines Babys auch falsch interpretieren und muss deshalb das eigene Gefühlserleben von dem Verhalten des Babys abgrenzen. Wichtig ist zu wissen, dass die Reaktionen eines Babys meist durch fehlende motorische Fähigkeiten oder ähnliche sich noch entwickelnde Fähigkeiten verschleiert wirken können. Lässt es beispielsweise den Schnuller ständig fallen, kann dies auch an der fehlenden Mundmotorik liegen. Feinfühliges Reagieren heißt auch, Zeit zu finden, gemeinsam eine Lösung zu suchen und sich in den Babyjahren nicht auf ein Fehlverhalten des Babys einzustellen.

Stress kann die Wahrnehmung beeinflussen

Zu viele Sorgen, zu viel um die Ohren und der Stress sorgen schnell für eine eingeschränkte Wahrnehmung. Sind Eltern unter Stress, kann dies die Wahrnehmung beeinflussen, das Verhalten und die Reaktionen auf die kindlichen Signale. Kinder nehmen die Atmosphäre, in der sie sich befinden, sehr genau wahr und bemerken, wenn Eltern über lange Zeit verunsichert sind.

Die Auswirkungen Ihrer Feinfühligkeit

Kinder sind sensible Wesen, die sich in einer Entwicklungsphase zu ihrem Selbstbild hin bewegen, dabei entstehen viele ihrer Fähigkeiten und Kompetenzen, Einstellungen und Ansichten. So wird das feinfühlige Reagieren, der liebevolle Umgang, nicht nur auf das Bindungsverhalten und die Eltern-Kind-Beziehung Einfluss nehmen, viele weitere Lebensbereiche speisen sich hieraus:

Das Ganze entwickelt sich weiter bis in die Schulzeit und zeigt auch hier noch seine Auswirkungen in:

Kinder, die darauf vertrauen können und ein Gefühl der Sicherheit darin entwickeln, dass sie wissen, dass Mama und Papa ihnen helfen, ihre Gefühle zu regulieren, erleben sich selbst als wirksamer darin, in späteren Jahren ihre Emotionen zu kontrollieren. Es zeigt sich, dass die Bindungssicherheit die weitere Entwicklung des Kindes mitbestimmt – die Schlüsselerfahrung.

Fazit

Die Feinfühligkeit, die Aufmerksamkeit, die Authentizität und Fürsorge, mit denen Sie auf das Bedürfnis Ihres Kindes nach Bezugspersonen eingehen, bestimmen mitunter das psychische Wohlbefinden Ihres Kindes. Feinfühliges Verhalten sorgt für eine sichere Bindung und eine gesunde emotionale und soziale Entwicklung.

Das Konzept der Feinfühligkeit:  Wahrnehmen – richtig deuten – und darauf prompt und angemessen reagieren.

Quellen / Literatur

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Prof. Dr. Dr. Hartmut Kasten
Entwicklungspsychologe,
Frühpädagoge und
Familenforscher